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./00009 RPG Forum/00003 Stories aus Regnum – Gamigo Champions of Regnum Forum Archiv – cor-forum.de

./00009 RPG Forum/00003 Stories aus Regnum

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Für einige wenige Interessenten von schönen Kurzgeschichten nun auch hier wieder diesen wunderschönen Thread. Bitte Spamm unterlassen und nur Geschichten posten, um eine gewisse Übersichtlichkeit zu bewahren.
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Eine Geschichte von Simplex und meiner Wenigkeit. Wir haben diese Geschichte bereits weiter geschrieben uns und entschlossen, jeden Montag einen neuen Teil davon zu posten. Enjoy it! ===================================================== Ich wischte mir den Schweiss ab. Ich hatte genug wildes Getier und groteske Wesen vernichtet und fühlte nun den mentalen Aufstieg meines inneren Levels zur 45. Doch ich fragte mich sogleich, wo könnte ich nun neue Wesen finden, die meinem Niveau entsprachen? Es war so schwer in Alsius einen guten Platz zu finden. Die Stimmen des Reiches und meines Clans rieten mir, ich solle am Strand unterhalb unserer schönen Stadt Birka leveln, oder um den Kraterberg, wo magische Golems und riesige Spinnen ihr unwesen treiben sollten. Ich testete beide Orte ausführlich, fand jedoch kein befriedigendes Ergebnis. Die Wesen waren nicht zahlreich genug, als das es sich lohnen würde gegen sie zu kämpfen. Also setzte ich mich eine lange Zeit ins saftige Grün und entspannte mich nach den Tagen endlosens Monster besiegen. War auch mal schön... ...mhhhhh Huch? Das Licht des Mondlichts begrüsste mich sanft durch mein blinzeln. War es bereits Nacht geworden? Tatsächlich. Ich war wohl erschöpfter als ich annahm. Ich räkelte mich und entspannte meine Glieder, ich fühlte mich wie neu geboren. *Gähn* Es war Zeit sich wieder an die Arbeit zu machen. Ich wollte nicht ewig der Spielball der anderen Reiche bleiben, also musste ich was dafür tun. Aber wo nur sollte ich Kampferfahrungen sammeln? Kein Ort erschien mir lukrativ genug. Ich hörte mal von einem Reichsgenossen, das es in den syrtischen Gefilden ein Gebiet geben sollte, das auf Syrtisch nur "Waldstrand" genannt wurde, welches genau passend für mein derzeitg mentales Level war. Aber wie sollte ich da hin kommen? Dieser Strand am Wald lag tief im Süden des syrtischen Reiches, hinter dicken und schönen Mauern versteckt. Ich seufzte einmal tief. Es brachte nichts sich über unerreichbare Dinge den Kopf zu zerbrechen. Gedankenverloren zog ich meine Karte vor und machte mir bereits Gedanken, wo ich nun also hingehen könnte. ...Moment mal, Das stolze Fort Algaros und das prächtige Schloss Eferias, von Syrten Hand erbaute Prunkbauten, waren in alsischer Hand. Das konnte nur heissen, dass die Syrtische Abwehr gefallen war und man somit in ihr Reich eindringen konnte. Es war mitten in der Nacht, die meisten würden wohl schlafen, dachte ich bei mir, während ich bereits mein Pferd sattelte. "Ja, wagen wir es mein Schöner!", sagte ich belustigt zu meinem Braunen. Ich ritt durch unser möchtiges Reichstor dem Friedhof entgegen. Magier aus uralter Zeit hatten vor Urzeiten einige wenige Teleportzonen erschaffen. Einer davon stand auf unserem Friedhof direkt am Fluss, der gleichzeitig die Grenze zur syrtischen Hoheitszone im umstrittenen Kamfgebiet darstellte. Ich ritt hindurch, und nach einigen kurzen, schwindelerregenden Momenten später stand ich im Sumpf von Ignis. Ich schüttelte mich kurz, und nahm dann zielsicher den Ritt zur syrtischen Mauer auf, in Richtung Strand, dort wo unsere Boote vor Anker lagen. Der Fährmeister grüßte mich und lud mich ein an Bord zu kommen. Als wir uns dem syrtischen Reichsstrand näherten, hatte ich mir bereits einen Plan zurecht gelegt. Diese Reichswächter, dumme Milizionäre mit einer Grundausbildung an der Waffe und keinerlei mentaler Stärke waren keine Gefahr. Ich musste einfach meine Gedanken auf meine Verteidigung richten und dann in wilder Tobsucht den Strand entlang Sprinten. Doch als ich dort stand und los lief, waren keine Wächter da. Was für ein Glück für mich! Doch zu früh gefreut... Ein syrtischer Bogenschütze kam hinter einem Fels hervor und begann mich mit Pfeilen einzudecken. Ich lief um mein Leben, doch es half nichts. Seine ungeheure Reichweite und ein auseinander reissender Pfeil streckten mich schlussendlich nieder... ...wo .. Wo bin ich? Ich erblickte einer diesen sagenumwobenen Lebenssäulen vor mir. "Wenn man in unserer Welt durch einen Feind das Leben verliert, meine liebe Sangri" hörte ich die Stimme meiner Ausbilderin "ist man nicht tot. Man fällt in einen kurzen Schlaf, und obgleich er nur einige Sekunden dauert, wird es Dir vorkommen, wie ein halbes Menschenleben." Nun begriff ich so langsam, was sie meinte. Aber was sagte sie noch? "Den wirklichen Tot, ohne das eine Wiederkehr möglich ist, kannst Du nicht begreifen. Er ist auf einer höheren Ebene, als Dein Vorstellungsvermögen reicht." Was sie damit wohlmeinte? Hm, egal! Ich hatte nicht vor aufzugeben. Noch einmal ritt ich den Weg zu unseren Landebooten und wurde rüber geleitet. Ich machte mich bereits auf einen Pfeilhagel gefasst, doch der Strand war leer. Nirgends ein Feind, ich hatte freie Bahn! Juhu! Sofort stieg ich auf mein treues pferd und reitete in die syrtischen Wälder. Sie waren so grün wie unsere Tannen nie sein würden. Gefiel mir nicht, es sah zu friedlich aus für solche Kriegszeiten. Und dann hatte ich es endlich geschafft. Ich war an dem Strand am Waldrand angekommen, und die Kreaturenvielfalt lies mein Gesicht erstrahlen. Sogleich stieg ich ab, zog meine Waffe und verstärkte meine Angriffe, in dem ich in einen Rausch der Wut verfiel. Ich schlug Golem um Golem, auch die Schildkröten konnten mir nicht entkommen. Nach einer Welle von Monstern fühlte ich mich erschöpft und wollte kurz rasten. Da sah ich aus dem Augenwinkel eine Frau mit gezückter Waffe auf mich zurennen. Jetzt ist alles aus, dachte ich. Ich werde mich nicht wehren und mich wie ein gast im fremden Reich benehmen, sagte ich mir. Wenn sie mich unbedingt nach Hause schicken will, soll sie das ruhig tun. Sie rannte, noch 5 Meter, ich sitze friedlich. 4 Meter, 3 Meter! 2 Me... sie bleibt stehen? Sie steckt ihre Waffe weg und schaut mich verwundert an. Auch für sie scheint es die erste Begegnung mit einem Mensch aus einem anderen Reich zu sein. Vorsichtig richte ich mich auf, wende mich ihr zu und verbeige mich höflich, aber vorsichtig mit einem Knicks. Zu meiner Verwunderung verbeugt auch sie sich und winkt mir sogar mit einem aufgeschlossenem Lächeln zu. Auch ich lächel nun und bin begeistert das mich einer der gefürchteten Syrten, wie es unter den Raubeinen der alsischen Elite immer heisst, nun in ihrem eigenen Reich duldet und Erfahrung an ihren Monstern sammeln lässt (vielen Dank an dieser Stelle an "vayne"). Ich kämpfe also weiter, den Segen einer Syrtin im Kopf, töte ich Monster um Monster grinsend und mit spielerischer Leichtigkeit, während ich gleichzeitig merke wie sich meine Erfahrung ansammelt. Ich spühre, das ich schon bald bereit für die nächste Stufe bin, da erblicke ich einen syrtischen Schützen, während er gerade eine Schildkröte fällt. Jetzt ist alles aus, der wird Dich hier nicht dulden, wenn Du ihm die Monster wegschnappst. Gleich bist Du tot meine Liebe... Hastig stecke ich meine Waffe weg und verbeuge mich ehrerbietend vor dem Bogenschützen. Zu verliere habe ich ja eh nichts. Doch, zu meiner Verwunderung, er steigt tatsächlich drauf ein? Er verbeugt sich, winkt mit einem ausdruckslosen, leichten Lächeln und wirft mir sogar eine Kusshand zu. Verlegen und nicht im Stande zu reagieren, sammle ich einfach meine Kraft und laufe auf das nächste Monster zu. Einfach nicht hingucken Sangri, dann sieht er dein rotes gesicht auch nicht. So vergeht eine weitere Zeitdes Erfahrung sammelns, mittlerweile Seite an Seite mit einem Syrten, bis dann endlich das letzte Monster geschlagen ist. Ich spühre die Lichtsäule, die mich umgibt und merke meinen geistigen Aufstieg. Der Bogenschütze dreht den Kopf zu mir, während er noch schnell einem Golem den gar ausmacht, dreht sich dann vollends zu mir um und klatscht Beifall. Anscheinend beglückwünscht er mic zu meinem Aufstieg? Erstaunlich wie nett ein Feind sein kann! Ich jubel, strecke meine Faust in den Himmel und der Schütze wirft mir abermals einen Kuss zu. Diesmal erwidere ich ihn, zögerlich und mit roten Bäckchen. Um dem weiteren zu entkommen gehe ich direkt auf den nächsten Golem los, welches er zum Anslass sieht ebenfalls seinen Bogen gegen diese Wesen zu heben. Es vergeht noch einige Zeit, der Schütze und ich stehen nah beieinander und besiegen die Tiere mit tödlicher Präzision, da richtet er den Bogen auf mich und schickt mir einen Pfeil einer Schlange gleich entegegen. Gleich im Anschluss spühre ich einen Schmerz in meinem Herzen, der scheinbar durch einen geisterhaften Pfeil verursacht wurde. Ich stecke meine Waffe weg, schaue ihn verdutzt an. Er schiesst noch einmal auf mich, und meine verdutzen Gesichtszüge wandeln sich in Traurigkeit. So endet es also nun? Ein Angriff in den Rücken? Einfach so ohne Anlass? Wenn ich hätte gehen sollen hätte er mir das doch mitteilen können. Eine einzelne Träne rinnt über meine Wange, und das Gesicht das ich kurz zuvor vor Scham nicht zeigen wollte, richte ich nun mit geschlossenen Augen auf den Boden. Da zischt auch schon der letzte Pfeil heran. Wie in Zeitlupe merke ich den Pfeil auf mich zukommen. Ich könnte ausweichen, aber was würde es bringen... Ich akzeptiere mein Schicksal; der letze Pfeil, der mich in die Knie gehen lässt, ragt aus meiner Brust. Ich kippe vornüber und falle wieder in diesen tiefen Schlaf... Noch ein Auge halb geöffnet, denke ich dennoch an die positive Erfahrung, die ich heute nicht nur durch die Wesen und Tiere gemacht habe. Ein letztes Lächeln legt sich auf meine Lippen, während mich die warme Dunkelheit in Empfang nimmt.......
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"Sangri? - Auf ein Wort!" Es war Nacht in Montsognier, der Hauptstadt von Alsius. Um diese Zeit waren nur wenige noch unterwegs. Ein Mönch in einem schwarzen Kapuzenumhang, der vorne mit einer edlen Brosche zusammengehalten wurde, legte der vorbeieilenden kleinen Barbarin die Hand auf die Schulter. Abrupt blieb sie stehen. "Ich habe gehört, dass du in Syrtis gewesen bist?" - "Wer bist du? - Und was geht's dich an?", antwortete sie schroff, ungehalten über diese unwillkommene Verzögerung ihres Vorhabens. Der Mönch warf die Kapuze zurück und lächelte. Überrascht sah sie ihn an. Seine Gesichtszüge erinnerten sie an die Syrten, denen sie am Waldstrand in Syrtis begegnet war. "Nenn mich einfach Simplex", sagte er. Ein Syrte! Hier in Montsognier! Und diese Augen! Sie hatte das Gefühl, als schauten sie tief in sie hinein, bis auf den Grund ihrer Seele. Verlegen blickte sie zur Seite, konnte aber nicht verhindern, dass das Blut in ihre Wangen schoss. Simplex betrachtete sie eine Weile. Er war sich jetzt nicht mehr so sicher, ob es richtig gewesen war, hierher zu kommen. Er räusperte sich kurz. "Also, ein Freund von mir schickt mich. Du warst mit ihm am Strand. Ich soll dir sagen, dass es ihm leid tut." Ach das! "Warum hat er es getan? So ganz ohne Vorwarnung meine ich?" Sie blickte ihm wieder ins Gesicht. "Er musste es tun. Man hat ihn beobachtet, wie er mit dir zusammen am Strand war. Als er es merkte, blieb ihm nichts anderes übrig als dich zu töten. Er musste beweisen, dass er nicht mit Alsius zusammenarbeitet." Eine Weile schwiegen beide. Er betrachtete ihre immer noch geröteten Wangen. "Bitte nimm es dir nicht so zu Herzen. Gerade deine Offenheit macht dich angreifbar. Du willst geliebt werden, erfährst Zurückweisung und läufst Gefahr, dabei zu verbittern. Mach das bitte nicht, liebe Sangri! Wer mit offenem Visier kämpft, so wie du, der provoziert manch anderen unbewusst dazu, dir ein Bein stellen zu wollen, dich vom graden Weg abzubringen, weil er deine Direktheit nicht vertragen kann." Er schwieg einen Moment. "Was will ich dir eigentlich sagen? Wenn ich in deine Seele schaue, auf dein innerstes Wesen, sehe ich da ein helles klares Licht. Lass es bitte weiter scheinen und versteck es nicht!" Der weise Simplex schlug die Kapuze wieder über den Kopf. Er verschwand im Gewirr der Gassen der alten Hauptstadt des Reiches, Sangri konnte ihm nicht folgen. Verdutzt blieb sie stehen. Wollte sie ihm überhaupt folgen? - Nein! Sie dachte kurz über das nach was er zu ihr gesagt hatte. "offenes Visier" "innerstes Wesen" "helles Licht" - das alles ergab keinen Sinn. Sie war jetzt im 50. Level und sie war bereit, weiter zu gehen als jemals zuvor, fühlte Kräfte in sich, von denen sie vorher noch nicht einmal geahnt hatte, dass sie sie besaß. Sie spürte das Bedürfnis, ihrer Ausbilderin einen Besuch abzustatten; diese hatte ihr bisher noch immer einen guten Rat geben können. Sie wusste, dass sie bei ihr jederzeit willkommen sein würde, selbst jetzt, in der tiefen Nacht, und so machte sie sich wieder auf den Weg. Währenddessen trat eine dunkle Gestalt, dem Anschein nach ein Mönch mit einer schwarzen Kapuze über dem Kopf, aus dem Schatten eines Toreinganges und blickte ihr nach. Ein feines Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Er nickte einmal kurz: Ja, sie würde ihren Weg gehen. Für ihn war es nun auch an der Zeit. Er durfte hier nicht entdeckt werden, im fremden Reich, denn er würde als Feind sofort hingerichtet werden. Mit einem Ruck warf er den schwarzen Umhang ab. Für einen kurzen Moment wurde ein syrtischer Jäger sichtbar, doch schon begann er mit der Umgebung zu verschmelzen und sich aufzulösen. Einen Augenblick später war nichts mehr von ihm zu sehen; die Gassen von Montsognier waren dunkel und leer.
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Noch eine kurze Weile stand Sangri am Eingangstor von Mont. Sie hielt ihren Speer aufrecht und schaute nach Osten. Sie fixierte keinen speziellen Punkt, vielmehr blickte sie in die endlose Weite des Nichts und des Himmels. "Frei wie ein Vogel" schoss es ihr durch den Kopf. Genau so musste sich Simplex fühlen, wenn er all die Gefahren eines fremden Reiches auf sich nahm, nur um einer kleinen Barbarin zurück auf ihren besonnenen Pfad zu helfen. Nun setzte sie sich hin, legte den Speer neben sich und schloss die Augen. Sie wollte schlafen, tief schlafen und über das Geschehene nachdenken..... ...promt öffnete sie die Augen. Sie war nicht mehr im Körper der muskulösen Sangri, und das war auch kein Speer, den sie da in der Hand hielt. Sie blickte auf den Langbogen in ihrer Hand, ein äusserst schlicht gehaltenes Modell mit 2 kurzen, kleinen Eisenstreben an den Enden verstärkt, um mehr Spannung aufbauen zu können. Hinter ihr blickte sie überraschend ihr schneeweisser Bär ins Gesicht. Seine roten Augen funkelten vor Freude, als er sein Gesicht nach langer Zeit an ihrem Bauch reiben konnte, um ihr einige Streicheleinheiten zu entlocken. Sie wusste nun, wer sie war. Sie steckte nun in dem zierlichen Körper einer Frau, der von anderen nur "Whiskey" genannt wurde. Sie war noch nicht sehr stark, konnte sie gerade mal den Untieren auf dem Kheled Hang die Stirn bieten. Dennoch wurden den hiesigen Jägern früh die mentalen Fähigkeiten der Aufklärung und Tarnung beigebracht. Es war noch nicht viel Zeit vergangen, seit sie den Körper der kräftigen Barbarin verlassen hatte. Demnach musste der weise Jägersmann noch in der Nähe sein. Mag sein das er Meister im Verwischen seiner Spuren war und damit die dummen Barbaren oder arroganten Magier abhängen konnte, aber einem Jäger machte niemand etwas vor. Da! 200 Meter, Richtung Tor die Fußabdrücke eines leichtfüssigen Bogenschützen, eindeutig ein Jäger, denn die kriegstreibenden Schützen würden niemals darauf achten, ihre Spuren zu verwischen. Im Körper meiner Jägerin nahm ich die Verfolgung auf. Nicht etwa, um ihn in den rücken zu fallen. Eher wollte ich ihn beobachte, sehen was er noch tun wird. Da, frischere Spuren, noch maximal 100 Meter. Denk dran Whiskey, nutze Deckungen, um nicht selber aufgespürt zu werden. Die Verfolgung ging weiter, bis wir an der grossen alsischen Mauer angelangt waren. Ich war gespannt was er nun tun würde. Mit meiner Umgebung verschmolzen, unsichtbar für jegliche Augen, spähte ich die Umgebung aus. Da war er! Leicht gebückt lief er die Treppe am Tor hoch, unsichtbar für die plumpen Torwächter. Aber dem geübten Auge eines Jägers, und sei er noch so jung, entgeht niemand. Ich rannte ebenfalls hinterher und erhoffte mir, ihn oben bei unseren Bogenschützen noch einmal sprechen zu können. Doch ich hoffte vergebens. Kurzer Hand sprang er auf die dünne Mauer, und schliesslich ganz hinunter. So bewegte er sich immer weiter in die Richtung der schwarzen Nacht in die Kriegszone. Vermutlich nach Hause, dachte ich. Ich winkte ihm, meine Tarnung ablegend, noch einmal hinterher, wusste aber nicht, ob er es noch sah. "Bis bald, Du weiser Simplex" dachte ich schmunzelnd. "Wir werden uns wieder sehen, und ich bin mir sicher, das zwischen uns kein Blut fliessen wird, zumindest von meiner Seite nicht."
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"Sangri?" Keine Antwort. Hier war der Ort den er in seiner Botschaft an sie angegeben hatte. "Sangri! Bist du da?" Er lauschte, er hoffte auf eine Antwort - nichts. Warum kam sie nicht? Hatte er etwas Falsches zu ihr gesagt, hatte er sie verärgert? Er grübelte darüber nach. Er hatte einen Boten geschickt mit der Nachricht, dass sie sich unbedingt um ein Uhr Nachts beim alten Friedhof in der Nähe des Teleports treffen müssten. Es war riskant, denn sie war eine Barbarin aus Alsius und er ein syrtischer Jäger; er wusste, dass sie aufbrausend sein konnte, aber er hatte sie nun mal in sein Herz geschlossen und deshalb um dieses Treffen gebeten, weil er ihr etwas Wichtiges mitzuteilen habe, wie er in seiner Botschaft an sie geheimnisvoll geschrieben hatte. Und jetzt kam sie nicht! Schon über eine halbe Stunde hatte er hier gewartet. War ihr etwas geschehen? "Sangri!" Er war der Verzweiflung nahe. Sollte ihr wegen ihm etwas zugestoßen sein, er würde es sich niemals verzeihen können. Er setzte sich mutlos auf einen Stein. "Ach Sangri" sagte er nochmals leise vor sich hin. Er hatte gehofft, dass dieses Wichtige, das er angekündigt hatte, sie neugierig machen würde. Und es war ja auch durchaus notwendig, dass sie darüber bescheid wusste, denn sonst konnte es nämlich trotz allem tatsächlich doch geschehen, dass - was war das? Hatte da nicht gerade ein Zweig im Unterholz geknackt? Das musste sie sein! Erwartungsvoll blickte er hinüber zum Wald. Eine alsische Barbarin trat zwischen den Bäumen hervor, ihren Speer kampfbereit in der rechten Hand. Endlich! Erleichtert lief er auf sie zu, breitet die Arme aus - doch sie erkannte ihn nicht! Sie deutete seine hastigen Bewegungen als Angriff, hob reflexartig den Speer -- und stieß zu, mitten in sein Herz. Er sank zu Boden. "Sangri, bitte..." Er konnte nur noch schwer sprechen. Blut quoll aus seiner Wunde, er hustete, spuckte Blut. "Sangri, ich bin's doch..." Es war zu spät. Mit letzter Kraft versuchte er ihr noch etwas mitzuteilen: "Sangri ... mein wahrer Name ist ... Shane ... Shane Dark ... " Es war das letzte was er noch sagen konnte bevor er starb.
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Da Sangri im Urlaub ist, darf ich heute Sangris Text posten. ________________________________________________________________ Sie näherte sich vorsichtig dem auf dem Boden liegenden Feind, den Speer stoßbereit vor sich haltend. Ein schneller spähender Blick in die Dunkelheit, um sich zu vergewissern, dass da nicht noch andere Höllenbrut wartete. So einfach konnte man eine Sangri nicht überlisten, dachte sie grimmig. Als sie neben der Leiche kniete, die kurz vor ihrem Tod noch irgendwas vor sich hin gemurmelt hatte, sah sie etwas, das ihr den Atem stocken ließ: diese Brosche, sie hatte sie schon einmal gesehen! Warmen Herzens erinnerte sie sich an den Abend vor vier Tagen, als der geheimnisvolle Fremde alle Gefahren auf sich genommen hatte, um ihr ein paar Worte der Wegfindung mitzuteilen. Obschon er von einem robusten Umhang umhüllt gewesen war, konnte sie dennoch eines klar erkennen: die Brosche. Sangri begann augenblicklich über dieses Missverständnis zu weinen. Viele Tränen verließen ihre Augen, denn sie erkannte nun, welch grausigen Fehler sie gemacht hatte. Was sie augenscheinlich als Angriffshaltung erkannt hatte, war nichts weiter als eine freundschaftliche Umarmung gewesen. Nach einigen befreienden Minuten des Trauerns besann sie sich seiner Worte, die sie für einen feindlichen Fluch gehalten hatte. Sie hatte offen gestanden nichts davon verstanden. Die Worte "Shane Dark" hallten ihr im Kopf. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund pochten diese zwei Worte immer wieder in ihrem Kopf... Ihr ausgeprägtes Gefühl für Ehre konnte das Ganze nicht so auf sich sitzen lassen. Sie wusste was mit den Seelen hier Verstorbener passierte: man fällt in diesen Schlaf, und wacht kurz darauf an einer dieser sagenumwobenen Lebenssäulen auf. Sangri wusste, dass es in Syrtis ebefalls eine solche gab, und genau das würde ihr Ziel sein! Vom Friedhof aus wandte sie sich südwestlich, der Brücke entgegen, die zum syrtischen Fort Algaros führte. Doch dieses war nicht ihr Ziel. Sie erklomm den Berg, folgte dem Weg südöstlich, kam dabei an einem wunderschönen Pavillon vorbei, und fand sich schlussendlich auf einer großen Wiese voller Zyklopen und Löwen wieder. Tief geduckt und den Speer parallel seitlich zu ihr tragend schlich sich Sangri weiter der Lebenssäule der Syrten entgegen. Sie hoffte, ihn dort zu finden, vielleicht wartete er sogar auf sie? Da vorn, die Leuchtkugel der Säule war bereits zu sehen. "Nimm die Schmach von mi..." Wie ein Kirchenschlag in der Stille der Nacht überkam sie ein Gefühl des Schwindels, als sie von einer hinterhältigen Attacke umgehauen wurde. Schon die endlos vielen Pfeile erwartend, schloss ich meine Augen und stemmte mich einfach wieder hoch, gefasst auf den sicheren Tod. Sie lag auf dem kalten Stein direkt oberhalb der syrtischen Lebenssäule, und hätte Simplex fast erkennen können... "Sangri?" Es war beinahe ein Flüstern, so dass ich mich umdrehen musste um zu schauen, warum ich noch nicht tot war. Ein schlanker, aber keineswegs schmächtiger junger Bogenschütze stand ein paar Meter von mir entfernt und schaute mich verwundert an, während er auf mich zeigte und noch einmal, diesmal mit normaler Lautstärke, sprach: "Sangri, bist Du das nicht?" Ich tat mich noch etwas schwer mit dem südländischen Akzent der Waldbewohner, aber Simplex bemühte sich sichtlich, zu sprechen, dass ich ihn verstand. "Simplex? Shane Dark? So darf ich Dich nennen, richtig? Wie hast Du mich in der Dunkelheit überhaupt erkannt?" Er begann leicht zu lächeln, schmunzelte sogar ein wenig. "Wie Du mich nennen kannst sage ich Dir später. Erkannt habe ich Dich an deinen roten, kurzen Haaren und dem blauen Speer, den heutzutage nicht mehr viele tragen. Das macht Dich... sagen wir mal, individuell." Wir lachten beide kurz. "Und wie hast Du mich nun auf einmal erkannt?" "Simplex, es..." Da flossen sie wieder, die Tränen der Reue. Ich sank auf die Knie, hilflos irgendwas von mir zu geben, und hielt mir mit meinen Händen das Gesicht. Ich spürte eine Hand auf meinem Rücken, ich erschrak und schaute Simplex auf einmal ins Gesicht. Unheimlich, diese Jäger. Ich hatte nicht einen einzigen Schritt von ihm gehört. "Es ist okay Sangri. Du bist noch neu in unserer Welt, Du bist misstrauisch und hast Angst, verraten zu werden. Ich mache Dir keine Vorwürfe." Aus seinem Mund klang es so logisch, als hätte ich keinen Fehler gemacht. Das mochte in der Praxis vielleicht sogar stimmen, aber mein Kopf sagte mir was völlig anderes. Ich ließ mir von ihm hochhelfen, und er fragte erneut: "Und nun sag schon, wie hast Du mich diesmal erkannt?" "Deine Brosche... Sie ist so einmalig wie das Glitzern des Mondlichts in einer klaren Nacht. So etwas sieht man kaum ein zweites Mal." Wieder schmunzelte er schelmisch. Abrupt löste ich mich von ihm, stellte mich in voller Größe vor ihm auf und schaute ihm fest in sein verdutztes Gesicht. "Tu es. Gib mir einen Pfeil, direkt in mein Herz. Es ist Dein Recht das zu tun. Meine Tat kann nur mit einer gleichwertigen gesühnt werden. Bitte tu es, sonst werde ich keinen Abend mehr froh sein." Ich schloss langsam meine Augen, und auch wenn ich wusste das es richtig war, hatte ich Angst vor dem Schmerz, der Dunkelheit, dem Gefühl des Sterbens. "Das ist doch jetzt wohl nicht Dein Ernst!" rief er lauter, als er wollte. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, das ich Dir einfach einen Pfeil in die Brust schieße?" "Ich habe es verdient. Tu es bitte, damit wir wieder quitt sind. Meine Tat wird sonst auf ewig wie eine schwarze Regenwolke über uns hängen." "Das ist doch Blödsinn, Du kannst nicht von mir erwarten Dir einen Pfeil zu verpassen. Ich mag Dich Sangri, sonst hätte ich all das Vergangene nicht getan. Und genau darum wird nie auch nur einer der Pfeile aus meinem Köcher in Deinen Körper treffen." "Du... Du verstehst das nicht. Ich fühle mich so schuldig" wieder begannen mir die Tränen über die Wangen zu rinnen, und ich wandte mich von ihm ab. "Tu es Simplex. Du, oder jemand anderes wird es tun..." flüsterte ich, gerade so dass er es verstehen musste. "Du wirst doch nicht... Halt, Sangri! STOPP!" Er eilte zu mir, als ich mich von dem Felsvorsprung fallen ließ. Die Wächter an ihrer Lebensquelle würden mich vernichten. Sie kannten weder Gefühle noch Moral. Sie feuerten ohne Gnade auf alles, was nicht zu ihrem Reich gehörte. Simplex schaffte es meine Hand zu fassen, doch statt mich festhalten zu können, fielen wir beide runter. Kurz lagen wir da im Dreck, dicht beieinander, und irgendwie wurde mir ganz anders. Ein Kribbeln im Bauch, als ich in sein Gesicht schaute, welches keine zwanzig Zentimeter von meinem entfernt lag. Verlegen schloss ich meine Augen und erhob mich langsam... "NEEIN! SANGRI!" Simplex stellte sich schützend vor mich und hielt mich fest. Vier Pfeile ragten aus meiner Brust, ich hatte gar nicht gemerkt, dass überhaupt geschossen wurde, aber diese Wächter waren äußerst flink bei sowas. Ich spürte keinen Schmerz, ich sah lediglich wie Simplex mich anschaute und zu mir sprach, aber ich konnte ihn nicht hören. Ich wurde nur noch von ihm halbwegs aufrecht gehalten, aber ich wusste, dass ich gleich wieder schlafen würde. Ich hob meine Hand und legte sie ihm auf die Wange, zog sein Gesicht so zu meinem und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er kniff die Augen zusammen, wollte seine Tränen unterbinden, das sah man ihm deutlich an. "Er hat wunderschöne Augen, besonders, wenn sie so glitzern..." Mit diesem Gedanken schloss ich meine Augen und sollte bald darauf andernorts wieder aufwachen...
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Er stand auf Wache im Algaros Fort. Es war ein ruhiger, warmer, sonniger Sommertag. Schläfrig döste er auf seinem Beobachtungposten über dem Tor. Er ertappte sich dabei, wie seine Gedanken immer wieder abschweiften, weil die Gesichtszüge einer jungen alsischen Barbarin vor seinem geistigen Auge erschienen. Sangri. Sollte er etwa mehr für sie empfinden als bloße Zuneigung? Er warf diesen Gedanken weit von sich. Natürlich nicht! Sie war zwar recht nett, das schon, aber sie war eben eine Barbarin und sie kam aus einem feindlichen Reich, sie war grob und ungehobelt, wie es Barbaren nun mal sind, da sind sie doch alle gleich! - und hatte sehr sanfte, dunkelbraune Augen, kurze rote Haare, und manchmal sogar rote Bäckchen, wenn sie verlegen wurde, ja, das hatte sie, dann wollte man sie am liebsten in den Arm nehmen und nicht mehr loslassen... versonnen drehte er eine rote Blume in den Händen und sah dabei wieder ihr rotes Haar vor sich, das dem seinen so sehr ähnelte. Und dann die Grübchen wenn sie lächelte, ihre warmen Lippen... Immer noch fühlte er den Kuss auf seiner Wange, den sie ihm kurz vor ihrem Todesschlaf gegeben hatte, fühlte ihren warmen Atem auf seiner Haut, als sie ihm ganz nah gewesen war, spürte das Bedürfnis, sie nocheinmal sehen zu wollen. "Tu es!" hatte sie zu ihm gesagt und sich vor ihn hingestellt. "Gib mir einen Pfeil, direkt in mein Herz. Es ist Dein Recht das zu tun. Meine Tat kann nur mit einer gleichwertigen gesühnt werden. Bitte tu es, sonst werde ich keinen Abend mehr froh sein... Ich habe es verdient. Tu es bitte, damit wir wieder quitt sind." Ja! Er wollte es tun! Genau so wie sie es von ihm verlangt hatte! Keinen Pfeil ins Herz, das nicht; aber er wollte ihr ebenfalls einen Kuss auf die Wange geben, damit sie wieder quitt sein würden. Er würde ganz dicht vor ihr stehen und würde ihre roten Bäckchen sehen, würde ihr verlegen zur Seite gewandtes wunderschönes Gesicht zu sich heranziehen und ihr dann einen Kuss auf die Wange - nein, noch besser! Auf den Mund! Jawohl! Auf den Mund geben, damit das auf diese Weise ein für alle Mal zwischen ihnen geklärt sein würde und er endlich Ruhe hätte und nicht mehr immerzu über sie nachdenken müsste. So würde er es machen! Er sprang sofort auf, lief die Treppe hinunter und durchs Tor hinaus Richtung Brücke. Erst nachdem er etwa hundert Meter weit gelaufen war fiel ihm auf, dass er sein Pferd, seinen Bogen und seine Pfeile im Fort zurückgelassen hatte. Abrupt blieb er stehen. Was hatte diese Barbarin mit ihm gemacht? Er war ja völlig kopflos geworden! Und wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf ihn die Erkenntnis der ernüchternden Wahrheit. Das, was er sich nicht hatte eingestehen wollen, war tatsächlich geschehen: er hatte sich verliebt; verliebt in eine alsische Barbarin. - Verdammt! Die Wucht dieser Erkenntnis traf ihn so sehr, dass er sich erst mal ins Gras setzten musste. Das durfte nicht sein! Das konnte nicht sein! Das hatte es noch nie gegeben! Ein Wiedersehen würde dann ja alles nur noch viel schlimmer machen! Das wurde ihm jetzt immer deutlicher bewusst. Hastig sprang er auf, lief zurück ins Fort, nahm seinen Bogen und die Pfeile, schwang sich auf sein treues Ross und ritt in gestrecktem Galopp Richtung Syrtis. Er musste Abstand gewinnen. Sein Entschluss stand unverrückbar fest. Er würde dorthin gehen, wo kein Reichsfremder jemals hinkommen konnte. Er würde auf die Initiationsinsel gehen. Dort würde er in der Einsamkeit des tiefen Waldes meditieren und abwarten, solange, bis er wieder Herr über sich und seine Gefühle sein würde. Danach würde er im fernen Ignis die schwierigsten Aufträge übernehmen, weit weg von Alsius und weit weg von ihr, nur um ihr nicht mehr begegnen zu müssen, ihr, der einzigen, derjenigen, der es gelungen war, auf so wundersame Weise sein Herz zu berühren: Sangri.
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The story continues... Solange ich noch Texte von Sangri habe, poste ich mal weiter, heute also wieder Sangris Text. ________________________________________________________ "Wo er wohl gerade steckt?" kam es ihr in den Sinn. Die junge, ungestüme Barbarin saß locker auf dem Beobachtungturm am alsischen Reichstor. Das Kinn auf die Hand gestützt schaute sie verträumt in den Himmel. Eine gute Woche war es nun her, seit sie sich auf der Syrtenseite getroffen hatten. Seitdem kam weder ein Bote, noch er selbst um ihr eine Nachricht, ein paar Worte oder von ihr aus sogar einen Angriff zu übermitteln, Hautpsache überhaupt ein Lebenszeichen! Sie machte sich Vorwürfe. "War es richtig ihm diesen Kuss, eher dieses 'Küsschen', zu geben? Ist das der Grund warum ich nichts mehr von ihm sehe? Verabscheut er mich vielleicht sogar deshalb? Das wäre schrecklich..." In den vergangenen Tagen hatte sie sich mehreren Aufrufen zu Kämpfen auf syrtischer Kriegszonen-Seite angeschlossen, in der Hoffnung das vertraute Gesicht zu erblicken. Aber nichts war. Sie wurde dem saftigen Grün überdrüssig, konnte nicht verstehen wie man die ganze Zeit dieses Grasgrün um sich haben konnte. "Es gibt doch dieses Wüstenreich. Ich bin bereits einmal da durch gereist, als mir einer der hiesigen Wächter einen Auftrag gab, die Kriegszone zu erkunden und nach Feindbewegungen Ausschau zu halten. Ich muss mich ablenken. Je früher ich mich mit der Tatsache, dass er mir aus dem Weg geht und den damit verbundenen Gründen abfinde, umso schneller wäre ich wieder für das Wesentliche offen." Sie nahm ihren Speer, lief die Treppen herunter und ging durch das robuste Reichstor. Fast augenblicklich überkam sie wieder diese Unsicherheit, die sie noch immer spürte, wenn sie die umkämpfte Kriegszone betrat. Sie stieg auf ihren Braunen und ritt hastig zur Lebenssäule des alsischen Volkes in der Kriegszone. Dort angekommen, fragte sie einmal in die Runde: "Ich bin auf dem Weg nach Ignis, um Feinde unseres Volkes zu bekämpfen. Wenn jemand mit mir kommen möchte, möge er sich bitte bei mir melden." Sie wartete einige Minuten, doch niemand reagierte auf sie. Entäuscht und mit dem Gefühl, allein zu sein, ritt sie nun zur nordöstlichen Brücke der Festung Menirah entgegen. Kurz vor deren Mauern stieg sie vom Pferd und gab ihm einen Klapps, so dass es zurück in die sichere Zone ritt. Außer den plumpen Wächtern sah sie weder Freund noch Feind, darum wandte sie sich gen Südwest, vielleicht kamen ja Feinde aus dem Reichstor, die sie abpassen konnte. Auf ihrem Weg dorthin sah sie ein riesiges Skelett, vermutlich das eines Drachen. Vor seiner schieren Größe und Beachtlichkeit vergaß sie ihr eigentliches Ziel und ging zu dem Haufen von erstaunlicher Präzision liegenden Knochen. "Das würde ihm bestimmt gef... NEIN! Nicht an ihn denken. Du bist hier, um ihn zu vergessen!" ermahnte sie sich still. Kurze Zeit später, während sie noch die Knochen bewunderte, hörte sie leichten Kampflärm. Blitzartig versteckte sie sich hinter dem riesigen Knochenschädel des Drachen, und beobachtete das Geschehen. Ein Bogenschütze kam in ihre Richtung gelaufen, gefolgt von 2 Barbaren, die ihm offensichtlich ans Leder wollten. Diese Krieger, Dunkelelfen soweit sie erkennen konnte, sahen gefährlich aus, doch ihre Waffen wirkten weitaus einschüchternder. Sie hielt sich lieber raus und wartete bis die 3 außer Sichtweite waren. Was sich als schwierig erweisen könnte, da sie genau auf das Skelett zuhielten. "Oh nein, bitte lass das nicht wahr sein!" Nun erkannte sie den Bogenschützen, es war niemand geringerer als der werte Simplex. In seinen Augen lag grimmige Entschlossenheit, seine Brauen waren zu einem ernsten V zusammengezogen, und seine Miene ließ keine Gnade erkennen. Doch wieso lief er weg? Sie verstand, als er sich kurz umdrehte, 2 Pfeile auf die Verfolger fliegen ließ und sofort weiter lief. Er hielt sie auf Abstand, schoss Pfeile mit tödlicher Präzision auf die beiden und ließ nicht zu, das sie ihn zerfetzen konnten. Doch sie kamen immer näher, schlugen abwechselnd ein hörnerndes Signal, und liefen dadurch schneller als er. Ehe sie sich versah, sprang er am Schädel, ihrem Versteck, vorbei. Auf einmal war alles wie in Zeitlupe. Gedanken überschlugen sich, sie wusste nicht was sie tun sollte. Einschreiten, Simplex helfen und sich ihm stellen, vielleicht sogar sterben? Oder im Versteck bleiben, ihm aus dem Weg gehen und einfach abwarten bis sie wieder allein war? "Allein!" Dieses Wort bereitete ihr Kummer. Sie entschloss sich, ihm zu helfen. Doch sie wusste, das sie dazu Köpfchen brauchen würde. Sie war zu schwach, um auch nur einen besiegen zu können. Sie musste sich, auch ohne Absprache, auf Simplex abstimmen. Der Jägersmann lief weiter, die Dunkelelfen kamen meiner Position näher. Noch drei Meter, zwei, JETZT! Heldenhaft sprang sie aus ihrem Versteck und brüllte die beiden aus tiefster Seele an, was sie betäuben ließ. Mit seinen katzenartigen Reflexen begriff der Jäger sofort was geschehen war, wenngleich man ihm die Überraschung ansah. Dennoch schien er der Hilfe nicht abgeneigt. Sie begann ihre mentale Stärke zu sammeln und auf ihren Körper zu übertragen. Simplex schoss einen der Dunkelelfen an, was ihn aus seiner Betäubung löste. Sofort war die kleine Barbarin an ihn heran, trat ihn, dass er auf den Boden fiel und deckte ihn mit Schlägen und Stichen ihres Speeres ein. Simplex indessen schien ebenfalls zu erstarken. Seine Hände begannen zu leuchten, und er versprühte eine Kälte, als wäre sein Blut in den Adern gefroren. Es dauerte nur Sekunden, da lag der erste Dunkelelf blutend im Sand und rührte sich nicht mehr. Sangris unfreiwilliger Gefährte setzte den Fokus auf den anderen Dunkelelfen, der sich mittlerweile aus seiner Zerstreuung gelöst hatte, während sie noch das blutige Ausmaß der Zusammenarbeit mit diesem mächtigen Jäger betrachtete. "Das ist also Krieg..." dachte sie bekümmert. Dieser kurze Moment der Unachtsamkeit ließ Simplex in Bedrängnis geraten. Aufgrund meines Einschreitens war er wieder näher gekommen, was ihn verwundbar für die grobschlächtigen Nahkämpfer machte. Der Dunkelelf hatte ihn ebenfalls getreten und war gerade auf dem Höhepunkt seiner Stärke. Die tapfere Heldin begann ein heulendes Geschrei, welches den Ignesen zusammenzucken liess. Er schaute kurz zu ihr und war nicht im Stande, der Kleinen auch nur eine seiner Fähigkeiten entgegen zu schleudern. Diesen kurzen Moment nutzte der Bogenschütze, um wieder aufzustehen und den Feind mit einem Hinterhalt nun ebenfalls auf den Boden zu schicken. Drei Schritte, dann stand ich neben ihm, ließ meiner kontrollierten Wut freien Lauf, was auch meine Hände kurz aufleuchten ließ. Zwei Speertreffer und vier Pfeile später lag nun auch dieser Barbar tot und blutend im Sand. Keuchend sah Simplex auf die Leiche, sichtlich erschöpft vermochte er nicht gerade viel zu tun. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, setzte ein dankendes Lächeln auf die Lippen und streckte die Hand zum Dank nach mir aus... Der Moment, als sich unsere Augen trafen, ließ unsere Umgebung vibrieren. Seine Augen weiteten sich, und seine Mundwinkel fielen tief. Anscheinend hatte er die ganze Zeit nicht mitbekommen, wer da sein überraschender Helfer gewesen war. Diese plötzliche Erkenntnis ließ ihn einen Schritt zurück machen. "Simplex, grüße Dich... Wir haben uns lange nicht gesehen. Was..." weiter konnte das verlegene Mädchen nicht sprechen. Ihr Schwarm hatte zitternd einen Pfeil auf den Bogen gelegt und zielte auf sie. Als er schoss, flog dieser knapp an ihr vorbei und ließ sie kurz ablenken. Diese paar Sekunden nutzte er, um vor ihren Augen zu verschwinden. Als die Benommenheit von ihr abließ, wurde sie traurig. Er war weg. Ohne ein Zeichen, einfach nur verschwunden. Dieses Gesicht würde sie so bald nicht vergessen. Sie verzog sich wieder in den Schädel und begann bitterlich zu weinen. Kein Feind kam vorbei, um sie zu töten. Kein Freund kam vorbei, um sie zu trösten. Sie war allein. In den ersten Minuten war es ihr fast so, als säße er noch versteckt neben ihr, beobachtend und nicht im Stande, die Hand nach ihr auszustrecken. Doch das Gefühl wurde immer schwächer, und irgendwann weinte sie sich in diesem Drachenschädel in den Schlaf, ungesehen und versteckt vor allen Augen...
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Zunächst war er panisch davongelaufen, nachdem er sie mit einem Ablenkpfeil betäubt und sich dann mit der Tarnung unsichtbar gemacht hatte. Nicht schon wieder! Nur keine neuen Sentimentalitäten! Darüber war er doch gerade erst mühsam hinweggekommen! Aber sein Ehrgefühl zwang ihn, zu ihr zurückzukehren. Schließlich hatte sie ihm gerade das Leben gerettet; er konnte sie jetzt nicht einfach allein in dieser feindlichen Umgebung zurücklassen. So fand er sie zusammengekauert in diesem riesigen Drachenschädel am Boden liegend, manchmal schluchzte sie, aber sie schlief jetzt. Wie tapfer sie gewesen war! Wie stark! Minutenlang vermochte er nichts anderes zu tun als sie einfach nur anzuschauen. Wie schön sie war! Sie erschien ihm jetzt so unendlich zart, so verletzlich, so überaus schutzbedürftig. Die Spuren der Tränen, die über ihre Wangen gerollt waren, und die noch schwach zu sehen waren, wollten ihm schier das Herz zerreißen. Vorsichtig kniete er neben ihr nieder und strich ihr sanft eine heruntergefallene Strähne des roten Haares aus der Stirn. Diese neuerliche unerwartete Begegnung hatte all seine vorangegangenen Bemühungen, sie zu vergessen, zunichte gemacht. Schlimmer noch: er fühlte sich mehr denn je zu ihr hingezogen, war kaum in der Lage, den Blick von ihr abzuwenden. Er konnte nicht anders, er musste sich zu ihr hinabbeugen und diese Tränen küssen. Eine größere Gruppe von Reitern war in der Ferne zu hören. Und plötzlich wusste er genau, was er jetzt zu tun hatte. Er nahm die kunstvoll verabeitete Brosche, das Wertvollste was er in dieser Welt besaß und die in Wirklichkeit machtvolle magische Kräfte in sich barg, von seinem Mantel ab, legte sie vorsichtig in ihre Hand und schloss behutsam ihre Finger darum. Einmal hatte sie ihn an dieser Brosche erkannt; mochte sie ihr jetzt als Talisman dienen - er würde die Brosche nicht mehr brauchen. Rasch stand er auf. Aller Zweifel war von ihm gewichen, alles Zögern, alle Unsicherheit. Er vergewisserte sich, dass die herannahende Kavalkade eine Gruppe alsischer Kämpfer war, trat dann aus dem Schutz des Drachenschädels heraus, so dass sie auf ihn aufmerksam werden mussten, legte einen Pfeil auf und griff den ersten der Reiter an. Es sollte sein letzter Kampf für sein geliebtes Syrtis sein; aber er würde keinen dieser alsischen Krieger dabei töten... Zurück in Syrtis nahm er Abschied von seinen engsten Freunden, verschenkte alles, was er an Rüstung, Waffen, Pfeilen und sonstigen Ausrüstungsgegenständen im Laufe seines Lebens erworben hatte und begab sich dann, befreit von allem Ballast, zurück auf die Initiationsinsel, dorthin, wo alles angefangen hatte, zu dem Punkt, wo er das Syrtenreich zum allererstenmal betreten hatte. Hier sollte sich der Kreis schließen, hier war der Anfang und das Ende, der Beginn und der Schluss der Geschichte dieses Charakters. Ein letztes Mal ließ er den Blick in die Runde schweifen, sah das saftige Gras, die herrlichen Laubbäume, die geschwungenen Bögen der syrtischen Achitektur, den weißen Marmorstein, die wunderbare Weite des Himmels - dann war er soweit. Er leitete die letzte, die unumkehrbare Prozedur ein, nach deren Vollendung eine Rückkehr hierher nicht mehr möglich sein würde. Doch während die Welt um ihn herum nach und nach verblasste, blieb das Bild seiner Liebsten unverändert klar in seinem Geist bestehen: Sangri. Zwei Wochen später erschien ein Neuankömmling im Hafen von Skolheim. Alles hier war neu für ihn, fremd und ungewohnt. Er begann mit seiner ersten Aufgabe, arbeitete hart und zielstrebig, denn das Bild einer wunderschönen Barbarin, das er ständig im Geiste vor sich sah, trieb ihn an. Ihretwegen war er hier, ihretwegen nahm er all die Mühsal auf sich. Er musste nur rasch an Stärke und Geschick zulegen, um in ihren Augen für würdig befunden zu werden, sich in ihrer Nähe aufhalten zu dürfen. Und finden, finden musste er sie auch noch...
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The Show must go on! Ich bin noch nicht tot, und unsere Geschichte wird weiter gehen! ========================================================================== Den Speer schützend vor sich haltend, stach sie auf den nächsten Feind ein. Der halb tote Bote, der an der alsischen Lebenssäule die Nachricht eines syrtischen Angriffs auf unsere Aggersborg Festung überbracht hatte, war noch sehr jung gewesen. Selbst sie hatte eine grössere Stärke als er, und das mochte was heissen. Doch die Nachricht war eindeutig, und sogleich wurden die Pferde gesattelt. Am Fort angekommen waren die Waldbewohner bereits kräftig am Einreissen des Tores zu gange. Schnell stiegen sie, eine kleine Schar Mitkämpfer und unsere kleine Heldin, von ihren Pferden ab und bezogen Angriffspositionen. Schwer gerüstet stürmten die Alsen dann an, und ein wildes Gefecht entbrannte. Sie schlug einmal wild um sich, was mehreren Feinden leichte und mittlere Schnittverletzungen zufügte. Neben ihr metzelte sich ein Ritter mit seiner Axt durch Fleisch und Knochen der Feinde. Seine Rüstung vermochte jedem Pfeil und jedem Schwert stand zu halten, doch auch ihm sah man die Erschöpfung an. Kaum zehn Minuten später war der Kampf vorbei. Die Tore von Aggersborg waren wieder fest verschlossen und repariert, und die Feinde lagen tot oder kurz davor am Fuße unserer schönen Festung. Sangri ging hinein, die Treppen hinauf bis zum höchsten Turm, um sich auszuruhen und gleichzeitig einen guten Überblick über die Umgebung zu haben. Drei Wochen war es nun her, seit sie in dem Schädel des Drachen von einem lustig dreinblickenden Zwerg mit blauem Bart und Haar aufgeweckt wurde. Lachend hatte er sie durchgeschüttelt damit sich wach wurde. Sie hatte gespürt das sie etwas in der Hand hielt. Als sie sie geöffnet hatte, blieb ihr kurz der Atem weg, als sie sah was sich darin befand. „Habt ihr einen Jägersmann gesehen? Es ist ein Syrte, ungefähr so gross und...“ „Ja haben wir. Ein wahrer Feigling sag ich Dir. Er schoß einen von uns an, als wir gerade nach Samal ritten. Als er sah wie viele wir waren verließ ihn wohl der Mut und er ließ sich töten. Da drüben liegt er.“ Ein Blick in die gezeigte Richtung hatte ihre Augen weiten lassen, als sie diesen wunderschönen Mann mit den feinen Zügen blutend im Sand liegen sah. „ER IST KEIN FEIGLING!“ hatte sie den Zwerg angeschriehen. „Wenn er wirklich kampflos starb, dann doch nur damit ihr auf mich aufmerksam wurdet und ich nicht durch den Streich einer ignesischen Klinge mein Leben aushauche. Wage es ja nie wieder schlecht über ihn zu reden!“ „Hoo, ruhig junge Dame. Was auch immer er bezwecken wollte, wir werden es nie erfahren. Und jetzt rufe Dein Pferd, wir können jeden starken Arm bei den dunkelhäutigen Spitzohren gebrauchen.“ Ohne sich noch einmal umzudrehen, war der Zwerg wieder auf sein Pony gestiegen und den anderen nachgeritten. Sangri hingegen stapfte langsam zu Simplex' Leiche, die Brosche mit beiden Händen an ihr Herz gedrückt. Sanft hatte sie sein Gesicht gestreichelt. Selbst im Tot verlor es nichts seiner Schönheit. Sie hatte genau gewusst, das er sich nur für sie geopfert hatte, damit sie nicht in Feindeshände fiel und ihre Reichsgenossen sie fanden, sobald sie ihn abgeschlachtet hatten. Es hatte sie tief verletzt, ihn so zugerichtet zu sehen. Mehrere klaffende Wunden hatten seinen stolzen Körper gezeichnet. Seit diesem Tag hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Sie trug mittlerweile einen Umhang aus fester Wolle, vorne zusammengeschnürt mit dieser wunderbar gearbeiteten Brosche, die für sich weitaus mehr Wert hatte als den Glanz des Edelsteins oder die magische Kraft, die in ihr ruhte. Die Kälte vermochte ihr nichts anzuhaben, egal wie leicht bekleidet sie herum lief. Dennoch war dieses Schmuckstück Grund genug. Viele hatten sie gefragt, ob sie diese Brosche verkauft. Sie kannte den materiellen Wert der Brosche nicht, aber nach dem was ihr bereits geboten wurde, scheinen selbst Könige und Imperatoren hinter solchem Schmuck her zu sein. Dennoch würde sie dieses Geschenk niemals in andere Hände geben, außer die seinen, wenn er sie zurück haben wollte. Erschöpft lehnte sie sich leicht über die Zinne des Turms und begutachtete das Schlachtfeld vorm Tor. In den letzten drei Wochen war sie erfahrener geworden, abgehärteter. Das Grauen des Krieges machte ihr nun weitaus weniger aus als bis vor ein paar Wochen noch. Sie lernte, das es an der Tagesordnung war, Feinde zu besiegen. „Es ist eine Frage der Einstellung“ pflegte sie zu sagen, wenn es mal angesprochen wurde. „Ich weiß, das durch meinen Einsatz auf dem Schlachtfeld andere ruhig schlafen können. Ich weiß, das es einer guten Sache dient, wenn ich Wüsten- oder Waldbewohner umbringe. Der Verteidigung unserer Kinder, Alten und Kampfunfähigen. Wir tun genau das, was auch die anderen Völker tun. Sie haben ähnliche, oder sogar gleiche Motive. Dass macht das Ganze zwar nicht schöner, aber erträglicher.“ Verträumt sah sie die Körper der Besiegten. Es gefiel ihr dabei zuzusehen, wie sie sich in einem hellen Licht anfingen auzulösen. Das war der Zeitpunkt, an denen die Körper und Seelen der Verstorbenen zurück an die Lebenssäulen der Heimatgebiete gingen. Ihr gefiel vor allem der Gedanke, das scheinbar jede Seele dieser Welt, egal wie sehr sie körperlich zugerichtet wird, egal ob durch Schwerter, Pfeile oder magischem Feuer, sie nicht zu sterben vermochte. Und das war ein tröstender Gedanke. Sie brauchte sich dadurch keine Vorwürfe machen, wenn sie gegen jene kämpfte. „Mhh?“ Ein Blick nach unten liess sie einen Bogen erblicken, der so in der Form eigentlich nur einer Person gehörte. Da die Seele mitsamt des Bogens bereits am verblassen war, konnte sie es aber nicht genau untersuchen. „Achwas. Warum sollte Simplex seinen Bogen verschenken? Er braucht ihn doch selber, um in dieser Welt zu bestehen.“ Am darauf folgenden Abend beschloss sie, mal wieder nach Syrtis zu reisen. Mit etwas Glück traf sie dabei sogar ihren Angebeteten, dachte die lächelnd. Als sie über die Brücke von Trelleborg nach Algaros lief, kam ihr ein Syrte auf einem Pferd entgegen. Er erblickte sie zwar, schien aber kaum Notiz von ihr zu nehmen, denn er ritt in vollem Galopp weiter und wollte einfach vorbei. Irgendetwas kam ihr seltsam vor... der Mantel! War das nicht Simplex' gutes Stück? „Hiaaaarg!“ mit diesem Schrei streckte sie den Speer dem Pferd in den weg, so das es strauchelte und seinen Reiter abwarf. Noch während es reißaus nahm, rannte Sangri zu dem syrtischen Bogenschützen, setzte ihren Fuss auf seine Brust und platzierte den Speer an seine Kehle. „Rede, Syrte, oder ich schwöre Dir es wird eine Zeit der Qualen auf dich zukommen, ehe Du im Licht aufgehst! Welchem Manne hast Du diesen Mantel gestohlen?“ Von der Schärfe ihrer eigenen Stimme überrascht, glaubte sie kaum in welcher Rage sie gerade war. „Du... Du sprichst unsere Sprache?“ Sangri holte aus und verpasste ihm mit der flachen Hand einen Schlag, der ihn zur Seite rollen liess. „Beantworte gefälligst meine Frage!“ Blind vor Wut war sie nicht mehr Frau ihrer Sinne. „Ich habe ihn geschenkt bekommen. Vor einigen Wochen verteilte einer der Unsrigen seine gesamte Habe. Er sagte, er würde nun eine neue Reise beginnen, denn die in Syrtis hatte ihr Ende gefunden. Der Name dieses Mannes war Simplex.“ Fassungslos schaute sie gedankenverloren in das Gesicht des Syrten. Fast war es ihr, als nahm dieser die Züge von ihrem Geliebten an. „Du lügst doch...“ sagte sie nun milder. „Nein, Ma'am, es ist die Wahrheit. Wollt ihr mich nun gehen lassen? Ich werde gebraucht von meinen Landsmännern.“ Ohne einen Ton rammte unsere tapfere Barbarin ihren Speer in das Herz des Feindes. Er hatte noch etwas sagen wollen, doch es kamen nur noch kehlige Gurgellaute von ihm. „Das kann nicht sein, das ist nicht wahr. Warum sollte er dies tun? Er hat unsere Welt verlassen, mich?“ Wieder einmal kam ihre gebrechliche Seite ans Tageslicht, als sie sich nun an die Brückenmauer setzte. Der Schock über das Gehörte war groß, nicht mal die Tränen wollten ihr dazu kommen. Nach einigen Minuten stand die Alsin wieder auf. Sie hatte eine frostige Miene, und in ihrem Gesicht waren keinerlei Emotionen zu erkennen. „Morgen früh wird eine rote Sonne aufgehen, denn heute Nacht werde ich viel Blut vergießen. Das Blut von Feinden.“ Das Gefühl, allein gelassen worden zu sein bereitete ihr seelische Schmerzen. Von einer Person mit soviel Bezug in dieser Welt verlassen zu werden konnte sie nicht verkraften. Wut und Hass sollten nun anstelle der Gebrechlichkeit treten, und erst viel später sollte sie erkennen, wie sehr sie sich hatte davon blenden lassen...
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So! Das war die dritte Quest, die er für heute zu Ende bringen konnte. Erschöpft setzte er sich auf einen großen Stein im Wald, um sich auszuruhen. Noch immer war er in dieser Umgebung nicht recht heimisch geworden, er vermisste das saftige Grün der syrtischen Wiesen und Wälder, die Wärme der Sonne. Die rauhen Tannen, das blendende Weiß des Schnees, die Kälte: ja, es hatte durchaus seinen Reiz; aber in der Tiefe seines Herzens sehnte er sich zurück in die Wärme seiner alten Heimat. "Auf geht's, noch ein paar Werwölfe schießen", sagte er zu sich selbst, "du bist jetzt hier Junge, also mach das Beste draus." Immer noch war es ihm nicht gelungen, Sangri zu finden; alle die er fragte sagten ihm - wenn sie sie überhaupt kannten - dass sie sich meistens draußen in der Kriegszone aufhielte. Also arbeitete er verbissen weiter, um endlich selbst dorthin gehen zu können - und um vielleicht auch mal wieder nach Syrtis reinzukommen und die alten Stätten dort zu wiederzusehen. Er hatte sagen hören, dass draußen Schützen gebraucht würden, und so hatte er sich für diesen Zweig der Ausbildung entschieden. Seite an Seite mit ihr wollte er kämpfen und sei's auch gegen seine alten Freunde - er war jetzt Alse und würde seine Pflicht hier gewissenhaft erfüllen, das war er seinen neuen Reichsgenossen einfach schuldig. Denn Kameradschaft, Miteinander und gegenseitige Rücksichtnahme hatte er auch hier schon oft erfahren dürfen. "Was ziehst du denn wieder für ein Gesicht? Nicht so faul rumhocken! Komm, lass uns einen Wettkampf machen: wer zuerst fünf Werwölfe erlegt!" Die zierliche Whiskey hatte sich ihm unsichtbar genähert. Das tat sie oft, nur um ihm dann einen ordentlichen Schrecken einjagen zu können, wenn sie sich ihm plötzlich zeigte. Lachend tanzte sie um ihn herum. Wenn sie in seiner Nähe war wurde ihm warm ums Herz. Obwohl sie so ganz anders war als Sangri, viel feingliedriger und zarter, fühlte er sich doch irgendwie durch sie an Sangri erinnert. War es ihre Art mit ihm zu sprechen? War es ihre Unbekümmertheit? "Ach du! Ich mach' aber nur mit, wenn du mir deinen Bären gibst." Sie war ihm ein gutes Stück in der Ausbildung voraus, hatte den Jägerzweig gewählt, und er sah, dass sie ihre Sache sehr gut machte. Könnte er sich doch nur auch wieder ein eigenes Tier zähmen! Seltsamerweise hatte er ihr die Frage nach Sangri noch nie gestellt. "Kennst du eigentlich Sangri?", fragte er sie plötzlich. "Sangri? Wie kommst du jetzt auf die?" Sie lächelte verschmitzt. "Bin ich dir nicht stark genug? Ich gewinn' gegen dich ja sogar wenn ich mir einen Arm auf den Rücken binde! Da, den Bären kannst du auch ruhig haben." "Das werden wir ja sehen!" Unvermittelt sprang er auf, packte ihren Arm und drehte ihr ihn auf den Rücken, dass sein Gesicht ganz nah vor dem ihren war. "Und was jetzt, Meisterin Oberschlau?" Sie versuchte sich zu befreien, aber sein Griff war fest. "Hahaha! - Aber große Sprüche schwingen!" Er ließ sie los. Mit geröteten Wangen blieb sie vor ihm stehen und drehte den Kopf leicht verlegen zur Seite. Diese Geste gab ihm einen Stich ins Herz. "Weißt du wo sie ist?" Ihre Miene verdüsterte sich; sie wandte sich von ihm ab. "Ach lass mich doch in Ruhe! Sie ist draußen, sie kämpft und sie leidet." "Was? Du weißt wo sie ist, du kennst sie? Sie leidet? Warum denn um Gottes Willen! - Whiskey, bleib doch hier!" "Muss gehen, andermal vielleicht wieder..." "Whiskey!" Sie rannte vor ihm davon. Als sie sah, dass er versuchte ihr zu folgen, verschmolz sie wieder mit der Umgebung, so dass sie für ihn unsichtbar wurde. Kopfschüttelnd blieb er zurück. "Whiskey" murmelte er vor sich hin. Mit einem Mal spürte er wieder die Kälte des alsischen Klimas. Er wurde nicht schlau aus der kleinen Jägerin, aber seit sie ihn soeben verlassen hatte, merkte er, dass ihm etwas fehlte...
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"Idiot!" brummelte Whiskey vor sich hin. "Warum interessiert ihn Sangri? Merkt er denn nicht, wie sehr ich ihn mag? Ich versuche um seine Aufmerksamkeit zu werben, doch ich wusste die ganze Zeit das er jemand anderem im Sinn hat. Nun weiß ich wenigstens, wen..." Obgleich Sangri, Whiskey und Wodka die selbe Seele hatten, teilten die zugehörigen Körper keine langfristigen Erinnerungen miteinander. So war es Whiskey in der Nacht ihres ersten Treffens zwar möglich, sich an ihn zu erinnern, langfristig jedoch vergaß sie die Gegebenheiten darum, wenn sie die Erinnerung nicht regelmäßig auffrischte. Durch die dunkle Phase, die Sangri die Barbarin gerade durchmachte, war es ihr unmöglich die Erinnerungen zu synchronisieren. So wusste Whiskey nichts von ihrer barbarischen Hälfte und konnte nur neidisch auf die Frau sein, die diesen jungen Mann scheinbar so die Sinne raubte. "Ach was solls, ich werde weitere Erfahrung sammeln, um weiter aufzusteigen. Ich darf meine Ausbildung nicht vernachlässigen, schon gar nicht für einen Mann!" Andernorts, etwas später, war wieder einmal Schlachtenlärm zu hören. "Sangri, da vorne" Gary zeigte in die Richtung einer Baumgruppe. "Wenn wir schnell sind, erwischen wir sie, ehe sie wissen, was da über sie kommt." Gary war in den letzten 2 Tagen ein treuer Weggefährte Sangri's geworden. Obgleich die Kommunikation eher einseitig war, da Sangri nie viel sprach, waren die beiden gut abgestimmt und machten so seit diesen 2 Tagen die feindlichen Gebiete unsicher. Der junge Magier war noch etwas unsicher auf den Beinen; vermutlich kam ihm Sangri dahingehend sehr gelegen. Sie gab ihm Ruhe, Kraft und Selbstbeherrschung. Gerne würde er mehr über sie erfahren, doch außerhalb des Kampfes saßen sie meist nur um ein Feuer um sich auszuruhen, und Gary sprach ununterbrochen von seinem kompliziertem Studium über die Hexenmagie, während sie nur geistesabwesend in das Feuer oder den Himmel schaute. "Gehen wir." kam es lediglich von ihr, und sie setze sich in Bewegung, rannte auf die 2 Syrten zu. Der junge Magier gab sich seiner arkanen Künste hin und sprach einen Efeu-Zauber auf den feindlichen Krieger aus, wandte sich dem feindlichen Magier zu und fror ihn ein. Außer stande sich zu bewegen, sprang Sangri kurz vor dem Krieger in die Luft und stach ihm den blauen Speer in die Seite. "Pass auf!" Blitzartig machte sie einen Satz zur Seite; gerade rechtzeitig, um Gary's Feuerball auszuweichen, der weit mehr als nur die Kleidung des syrtischen Kriegers in Brand steckte. Schreiend wedelte der Syrte mit den armen und versuchte das magische Feuer zu löschen, doch es half nichts. Gary kam heran. "Los, gib ihm den Gnadenstoß! Er leidet unnötig!" "Nein. Soll er brennen und leiden." Kam es fröstelnd von der stolzen Barbarin. "Manchmal bist Du wirklich ein Monster" mit diesen Worten voller Abscheu beschwor der Hexer einen Blitz, der den feindlichen Krieger tötete. In der Zwischenzeit war der Gefrierzauber abgeklungen und die kleine Magierin nahm die Beine in die Hand. Sangri stemmte ihren Speer über ihren Kopf nach hinten, wollte ihn auf die Beschwörerin werfen. Doch Gary hielt ihren Arm fest: "Das kann nicht Dein Ernst sein. Du willst ein wehrloses Lebewesen hinterrücks töten? Sangri, wach doch endlich auf!" Sie entledigte sich seines Armes, holte aus und warf den Speer, doch die Magierin war schon viel zu weit weg und entkam schließlich. Wortlos nahm die kalte Barbarin ihren Speer und wollte bereits weiter gehen. "Sangri! So warte doch." Gary schloss zu ihr auf und stellte sich vor sie. Als sie sich erneut losreißen wollte holte er aus und feuerte ihr eine mit der flachen Hand ins Gesicht. Da er nicht besonders stark war tat es nicht sehr weh, dennoch reichte es, um kurz ihre Aufmerksamkeit zu erregen. "Es kann so nicht weiter gehen. Du bist eine gute Jagdgefährtin, und unsere Kämpfe enden meistens siegreich. Aber Du darfst Deine Menschlichkeit nicht verlieren! Hast Du denn keinerlei Ideale? Keine Prinzipien, nach denen Du lebst?" Die sonst so emotionslose Kriegerin schloss die Augen und senkte nun, die Wange mit der Hand reibend, den Kopf. Das erste mal sah Gary Gefühle in ihrer Mimik, aber es war nur Verbitterung, Traurigkeit und Schmerz, was er herauslesen konnte. "Meine Ideologie ist mit einem geliebten Menschen gestorben. Ich bin nurmehr eine Hülle meiner Selbst, erledige meine Hauptaufgabe, Feinde zu töten, und warte darauf selbst irgendwann nicht mehr aufzuwachen."
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Sangri saß allein am Feuer und starrte teilnahmslos in die flackernden Flammen. Sie hatte heute den ganzen Tag gekämpft, war neunmal am Lebensaltar wieder aufgewacht und hatte sich immer sofort erneut in die Schlacht gestürzt. Jetzt, in der Dämmerung am späten Abend, war sie müde, zu müde um noch nachdenken zu können - und genau dieser Zustand war es, den sie jeden Tag aufs Neue wieder herbeiführen wollte. Mit einer Hand befühlte sie abwesend die Brosche auf ihrem Umhang und ließ den magischen Strom, der in dieser Brosche vibrierte, in ihre Fingerspitzen fließen. Gary näherte sich ihr vorsichtig. "Sangri?" Sie antwortete nicht und starrte weiter ins Feuer. Er kam einen Schritt näher. "Sangri?" Müde löste sie ihren Blick von den Flammen und schaute ihn an. "Ich soll dir das hier geben." Er reichte ihr einen kleinen zusammengefalteten und versiegelten Brief. Sie nahm ihn geistesabwesend an sich und steckte ihn in eine Tasche ihrer Montur. "Willst du denn nicht lesen was drinsteht?" "Nicht jetzt, Gary. Später vielleicht. Bin zu müde." Sie wandte sich wieder dem Feuer zu. "Schien mir aber wichtig zu sein. Von einem Boten aus Syrtis..." "Na schön. Weil du's bist les' ich's halt." Sie holte die Botschaft hervor, brach das Siegel und faltete das Papier auseinander. Lass dein Licht bitte scheinen und versteck es nicht! S. Sie faltete den Zettel wieder zusammen und steckte ihn zurück in ihre Montur. Gary beobachtete sie interessiert. "Und?" "Was?" "Na was steht drin?" "Ach irgendwas von einem Licht das ich scheinen lassen soll. Macht für mich keinen Sinn - - - " Plötzlich kam Leben in ihre Mimik. "Gary!" Sie sah ihm mehrere Sekunden lang ins Gesicht als könne sie dort die Antwort auf alle ihre Fragen finden. Mit zitternden Händen kramte sie das Papier erneut heraus, faltete es auseinander und las es nochmals Wort für Wort durch. Ja. Das konnte nur ER geschrieben haben, kein anderer! Niemandem hatte sie von ihrer ersten Begegnung in Montsognier erzählt! Aber das würde ja bedeuten, dass ... - sie sprang auf. "Gary, er lebt! Er lebt Gary! Er lebt! Er ist am Leben! Er ist in dieser Welt!" Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Dann ergriff sie ihren Speer und rannte in die Dämmerung hinaus, in Richtung zum alten Friedhof. Der junge Magier blickte ihr fassungslos nach. So hatte er seine Jagdgefährtin noch nie erlebt. Gary hatte den gestrigen Tag in Montsognier zugebracht und war dort in einer Taverne mit einem noch in Ausbildung befindlichen Bogenschützen ins Gespräch gekommen. Irgendwie hatte dieser Schütze ihn dazu gebracht, von seinen Erlebnissen mit Sangri zu erzählen. Gary war froh gewesen, endlich einen aufmerksamen Zuhörer gefunden zu haben, redete sich seine Sorgen von der Seele und hatte dabei gar nicht gemerkt, wie sein Gesprächspartner immer einsilbiger geworden war. "Ich kann ihr glaube ich helfen", hatte der Schütze schließlich zu ihm gesagt und ein paar Worte auf einen Zettel geschrieben, den er sorgfältig zusammenfaltete und mit dem Wachs der auf dem Tisch stehenden Kerze versiegelte. Gary hatte ihn ungläubig angesehen. "Wie soll das gehen?" "Bitte gib ihr diesen Brief und sag ihr, dass er von einem Boten aus Syrtis gebracht worden sei. Mehr musst du nicht tun." "Aber..." "Vertrau mir. Was kann schon geschehen? Schlimmstenfalls lacht sie dir ins Gesicht." "Sie hat schon lange nicht mehr gelacht, eigentlich noch nie seit ich sie kenne..." "Na also. Das wär doch schonmal was." Der Schütze war aufgestanden. Auch Gary hatte sich erhoben. Der Fremde packte ihn bei den Schultern. "Aber kein Wort von mir! Das musst du mir versprechen! Versprich es!" "Ist ja gut! Ich verspreche es."
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Aufgrund der Ausfälle gestern gibts die Geschichte leider erst heute :) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Blindlings rannte sie in den finster werdenden Abend hinein. Am Friedhof hatten sie sich schon einmal getroffen, sie war sich sicher, das seine Nachricht genau das andeuten sollte. Sangri freute sich, lachte, grinste über beide Ohren und ließ ihren wieder aufgekeimten Glücksgefühlen freien Lauf. „...tarâg! Khazâd ai-mênu!“ Diesem Schrei folgte das Klirren von Waffen. Sangri horchte auf, lokalisierte die Richtung des Lärmes und pirschte in diese Richtug. Als die Laute bereits nah waren, sah sie was diesen Lärm verursachte. Ein junger Zwerg setzte sich mit aller Gewalt einem schwer gepanzerten ignesischen Ritter entgegen. Man sah sofort welcher Generationskonflikt sich hier abspielte, denn während der Zwerg in arge Bedrängnis geriet, prallten seine Pfeile einfach von der Rüstung des Dunkelelfen ab. Sangri wusste das sie einem Zweikampf deutlich unterlegen wäre. Nichts desto trotz konnte sie nicht mit ansehen wie ein Reichsgenosse einfach abgeschlachtet wurde. Kurzerhand ließ sie ihre mentale Stärke zum Vorschein kommen und preschte an den Ritter heran. Ihr heftiges Gebrüll ließ den Ritter kurz betäuben. Noch während dies geschah, schrie sie dem Zwerg entgegen: „Lauf du Dummkopf, Du hast in der Kriegszone noch nichts zu suchen!“ Seine Augen blickten sie erstaunt an, doch er nutzte die Gunst der Stunde um auf Abstand zu gehen. Sangri versuchte den Ritter zu Boden zu treten, doch das immense Gewicht dieser wandelnden Festung ließ das nicht zu. Der Ritter brüllte dem Zwerg einschüchternde Worte entgegen, welche ihren Zweck nicht verfehlten. Er schaute nach hinten, strauchelte und fiel hin. Mehr brauchte der Ritter nicht. Mit einer brachialen Gewalt, die man dem Schwergewicht nicht zugetraut hätte, stieß sich der Dunkelelf vom Boden ab und hieb mit seiner erhobenen Waffe auf den sich gerade aufrichtenden Zwerg ein. Der gespaltende Schädel und das, was darunter hervor kam, ließ Sangri kurz würgen und sie musste den Blick abwenden. Angewidert drehte sie sich um und nahm die Beine in die Hand, was dem Ritter wohl nicht gefiel. Dank der etwas leichteren Rüstung und ihren trainierten Beinen war sie deutlich schneller als der Ritter, und so gelang ihr die Flucht. * „Langsam sollte er eigentlich kommen...“ Mehrere Stunden saß sie nun schon in der Nähe des Friedhofes, aber kein Zeichen von Simplex. Die anfängliche Freude über die Nachricht wich nun erneut der Entäuschung. Sie zog den Mantel enger um sich und schaute zum Mond hinauf. „Er wird nicht kommen.“ flüsterte sie, als könne der Mond ihre Worte vernehmen. Als eine weitere Stunde verging und sich der Mond bereits in Richtung Horizont bewegte, stand sie auf und lief zurück zu ihrem Lager, in dem sie ein sitzender, schlummernder Gary willkommen hieß. Sie drückte die stumpfe Seite ihres Speeres gegen seine Brust und sagte in etwas lauterem Ton „Du bist tot.“ Mit einem Satz war er auf den Beinen, reckte die Hände gegen die 100 imaginären Feinde und schaute sich ruckartig um. Als er nur die lächelnde Sangri sah wurde ihm bewusst das sie ihn geleimt hatte und senkte errötet die Arme. „Nicht nett“ sagte er bockig. „Aber halt, Du lächelst ja!“ Seine Augen weiteten sich und er zeigte übertrieben gespielte Entsetzung über diese seltene Mimik der Barbarin. „Ach hör schon auf und reich mir etwas von dem Wasser.“ „Aber natürlich doch, oh du holde Schönheit mit dem allzu bezaubernden Lächeln. Wenn du deine Feinde in Zukunft mit diesem Lächeln entgegen trittst werden sie vor liebreiz allein schon ihre Waffen strecken - natürlich nur die Männer.“ Er reichte ihr den Wasserschlauch. „Die Frauen werden vor Zorn dafür doppelt so stark kämpfen.“ blinzelte er ihr verschmitzt zu. „Red nur weiter so geschwafelt daher, dann wirst du gleich mein 'ich sing dem Gary mit meinem Speer ein Schlaflied' Lächeln zu sehen bekommen.“ schmunzelte sie über Garys Quacksalbergerede. Nachdem sie einen kurzen Moment der Ruhe verstreichen ließen, fragte Gary dann etwas ernster: „Und wie lief es? Hast Du gefunden, was Du gesucht hattest?“ „Ja und nein.“ setzte sie nach kurzem Überlegen an. „Den Menschen in seiner menschlichen Hülle nicht. Die Seele und seine Werte, seine Ideale und das, was er mir in den knapp 2 Mondzyklen vermitteln wollte, das habe ich heute Nacht wieder gefunden. Und du“ sie schaute in seine Richtung und zwinkerte ihm zu „hast mir dabei erheblich geholfen.“
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Ihr glaubt nicht ehrlich das sich das jemand durchliest oder ?
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Es gibt schon Leser die diese Story mit Interesse verfolgen, Thral. Diesen Lesern muss ich nun leider sagen, dass es keine Fortsetzung von meiner Seite mehr geben wird.
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Diesem Entschluss von Simplex werde ich mich dementsprechend anschließen. Ich könnte zwar versuchen die Geschichte weiter zu schreiben, da dies aber von Anfang an eine Wechselgeschichte (bedeutet, das 2 Leute abwechselnd einen Teil dem anderen schreiben) war, habe ich keine Muse, diese Geschichte alleine fortzuführen. Es sei jedem frei gestellt diese Geschichte nach eigenem Gutdünken weiter zu führen und sich selbst ein ende zu bilden. Ich persönlich möchte mich bei den wenigen Leuten bedanken, die unsere Geschichte gelesen haben und hoffe gleichzeitig, das wir mit den paar Sätzen so manchen Geschichtsfreund für kurze Zeit unterhalten konnten. Letzte grüße Sangri
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Ich persönlich finde es sehr schade das die beiden sich dazu entschlossen haben die Geschichte nicht weiter zu führen. Habe sie jede Woche gespannt verfolgt, war immer eine nette Abwechslung zu dem ganzen anderen Müll der hier sonst im Forum gepostet wird ;)
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Ich hab die Geschichte gelesen :O. Und das mein ich Ernst. Schreibt weiter ^^
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Och, sehr schade.... gebt euch ein Ruck und macht bitte weiter..
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Jaaa...bitte bitte bitte... hab auch immer sehnsüchtig auf ne weiterführung gewartet o;
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So wer geht heute für mich arbeiten? Für den gibts auch eine Privatgeschichte ^^ Aber in 13 Stunden ist ja eh Wochenende :) Ein kleines Vorwort: die Nachricht, das Simplex nicht mehr weiter schreibt, kam für mich genauso überraschend wie für euch, da er mir vorher keinerlei Andeutungen zukommen ließ. Auf meine PN diesbezüglich antwortet er mir nun seit einigen tagen auch nicht, darum habe ich nun einen Entschluss gefasst. Da es nun wohl doch mehr Leute zu geben scheint, die diese Geschichte halbwegs gespannt verfolgt haben, und ich ja eigentlich auch nicht aufhören wollte, sie weiter zu schreiben, habe ich nun einige Nächte darüber geschlafen und mich dazu entschieden, die Geschichte doch weiter zu schreiben. Ich muss mich an dieser Stelle wirklich bei den Leuten bedanken, die sowohl hier im Thread wie auch mir per PN ihr Bedauern über den spontanen Stop der Geschichte ausdrückten und mich/uns darum baten, weiter zu schreiben (vor allem bei Leuten wie Mormado hat es mich echt erstaunt :D). Das Ganze wird folgender Maßen ablaufen. Es wird vermutlich keine wöchentlichen Teiltexte mehr geben. Ich werde schreiben wie ich Lust, Laune und Zeit habe und diese dementsprechend ohne Zeitverzögerung posten. Es kann dadurch passieren das ein Text bereits 3 Tage nach dem letzten kommt, oder es auch mal 2 Wochen oder mehr dauern kann bis der nächste Text erscheint. Da die bisherige Geschichte gewisser Maßen auch relativ günstig aufhört, nämlich mit einem Ende das eine Menge Spielraum für Fantasien offen hält, kann ich komplett neu anfangen, ohne das es zu stark wie eine komplett neue Geschichte aussieht. Bedeutet: mit einigen Überleitungen. Zum Schluss bitte ich nun die kreativen Köpfe und eifrigen Leser unter euch um Mithilfe beim weiter schreiben. Ich würde die Geschichte ganz gerne in meinem jetzt bestehendem Schreibstil weiter führen, darum würde ich euch gerne bitten, mir Ideen, Kreationen, Situationen, virtuelle Erlebnisse oder einfach nur eure Gedanken per PN zu schreiben, auf das ich diese evtl bei einer Weiterführung der Geschichte benutzen kann. Ideen die ich verwende werde ich natürlich namentlich unter dem Text dann erwähnen, damit auch diese Leute für ihr mitwirken geehrt werden. Überlegt es euch, ich würde mich freuen wenn man es in dieser oder ähnlicher Form weiter führen könnte. Liebe Grüße, Sangri
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Bei Leuten wie Mormado ? :o Na Danke ^^ So und jetzt neuer Teil gogo :D :thumbup:
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"Hey Mausi, schau Dir meine neue Errungenschaft an!" Gary lief eilig zu der lässig am Montsognir Tor gelehnten Jägerin. "Schau, ein neuer Stab aus tiefrotem Sappanholz. Das eigentlich interessante daran sind allerdings die Runen" er zeigte auf ein paar Schriftzeichen, die der Länge nach in dem Stab gerizt worden waren. "Diese hier wird meine geistige Rhetorik verbessern, auf das ich meine Sprüche noch schneller aussprechen kann. Und diese hier bewirkt, das sich meine mentale Kraft erweitert. Ist das nicht fabelhaft? Ach und der Stein hier" Gary deutete auf den Türkis, der am oberen Ende des Stabes zwischen 3 kleinen Haltestreben schwebte "verstärkt die Wirkung der ersten Rune. Wenn ich noch weitere Artefakte sammle, brauch ich meine Sprüche bald nur noch denken um sie zu wirken." grinste der junge Zauberer über beide Ohren. "Na da ist Dir ja ein gelungener Kauf geglückt, Tiger." lächelte sie und freute sich mit ihm. Diese Kosenamen gaben sich die beiden nicht, weil sie eine körperliche Bindung zueinander pflegten. Vielmehr hatte es den Zweck, auf ihre Art die anderen zu veralbern, indem sie ihnen als vermeintliches Paar begegneten. Die Tierbezeichnungen hatten sie als Pendant zu dem Wesen gemacht, als welche sie sich selber sahen. So sah sich Whiskey als Jägerin einer Katze gleich, wohingegen sich Gary als ein Löwe sah, der nicht nur durch körperliche Stärke, sondern auch durch tiefgreifende magische Kraft glänzte. Aus diesen Tieren zogen sie das Gegenstück als Kosenamen vor, und lachten sich insgeheim über die verwunderten Blicke Anderer schlapp. "Aber fällt dir nichts an mir auf?" fragte sie zuckersüß und brachte sich in eine extravagante Pose. "Hmmm... Hast du zugenommen?" kaum ausgesprochen, lachte er los, und sie schlug beleidigt nach ihm. "Haha nein warte" er wischte sich eine Träne weg "Also, diese Hose sehe ich heute das erste mal an Dir, und dieser Brustpanzer scheint auch einige neue Konturen zu tragen, oder?" "Richtig mein Lieber. Ebenfalls erstanden, wobei ich mir ihrer Wirkung noch nicht ganz bewusst bin." "Lass mich schauen..." Übertrieben nah betrachtete er die Runen ihrer Rüstung, was sie leicht erröten ließ. "Gary, bitte, was du da tust, ist anzüglich!" zischte sie zu ihm. "Oh, natürlich, verzeih. Ich gebe nichts auf solche selbsternannten ungeschriebenen Gepflogenheiten der Gemeinschaft. Jedenfalls, greife doch mal den Lycan da vorne an." Sie tat wie ihr gehießen, erlegte die weiße Bestie und schaute ihn fragend an. "Ist es Dir nicht aufgefallen? Schießt Du nicht irgendwie schneller als sonst? Lassen sich die Pfeile nicht fließender auf die Sehne legen?" "Hoh, jetzt wo Du es sagst..." schnell erlegte sie noch eines der Biester und nickte dann zustimmend "Du hast Recht mein Freund. Hey, endlich lohnt es sich mal, dich zu kennen." feixte sie. "Ja natürlich bin ich eine gelungene Partie!" schlug er mit ein. "Ich glaube übrigens das diese Rüstung auch noch eine leichte Legierung hat, dadurch bist Du unempfindlicher gegen die Waffen der Grobschlächter." "Schau an. Dann herzlichen Dank für deinen fachmännischen Rat, ehrenwerter Magus." "Wie geht es ihr eigentlich?" fragte Gary kurze Zeit später in der Taverne, wo sie sich beide einen warmen Met gönnten. "Sangri meine ich..." Whiskeys Blick wurde verträumt, und es sah so aus als würde sie in weite Ferne schauen. "Sie ist gegangen. So gut ihr die schlussendliche Erkenntnis in der Nacht tat, kam sie nicht über den Verlust eines geliebten Menschen hinweg. Sie trauerte, sie weinte, sie lachte und freute sich, oftmals alles zusammen. Nun allerdings hat sie vor einigen Mondzyklen ihre Waffen gestreckt und ging einen Weg, dem man nicht folgen kann. Sie wird nicht wiederkehren." Gary senkte seine Augen "das ist.. bedauerlich. Sie war eine gute Weggefährtin. Sie lehrte mich, mein Selbstvertrauen zu stärken, wenn auch eher passiv. Ich werde sie vermissen..." Whiskey legte ihre Hand auf seine und lächelte ihn traurig an. "Ich auch." ______________________________________________________________ So, das war quasi der Prolog zum Neuanfang der Geschichte. Sangri wird nur noch in Erinnerungen vorkommen, Whiskey wird nun an die Stelle der Protagonistin treten. Aber wie ist Gary von Sangri auf Whiskey gekommen? Tja, vielleicht steht es in der nächsten Geschichte :whistling:
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Schade, grosse Ankündigung und nun... ? Geht es Euch ebenso? Ich habe die Geschichten mal gerne gelesen. Gruss Sindar
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Nicht schlecht die Geschichte. Wird denn noch weiter daran gearbeitet? In einem anderen Forum oder so vielleicht? Wäre schon cool (: Ein Herr der Ringe Fan der gut schreibt, wenn das mal kein Schriftsteller von morgen ist d: Erik
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Wenigstens *Einer* der meine Meinung hier wohl noch teilt :-) Wäre schon schön, wenn die Geschichte, wie eins angesagt auch weitergehen würde. Gruss
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Ich finde es auch sehr schade, daß die Geschichte nun doch nicht weitergeführt wurde. Es wird zwar in dem Tread *Auf nen ' Humpen Bier* doch so einiges geschrieben, nur ist es dort leider etwas durcheinander und unübersichtlich, wenn auch der Eine oder Andere dem hier sehr nahe kommt. Jedenfalls sieht man, das es doch so einige gäbe, die ihre Worte in schöne Geschichten verpacken können. Wer weiss, vielleicht geht die Story ja eines Tages weiter :-)
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Ein neuer Tag brach an in Regnum. Angekündigt von einer zarten rosafarbenen Morgenröte erschien die Sonne schließlich selbst am Horizont und erhob sich langsam und majestätisch aus dem Meer. "Blut ist in der Nacht vergossen worden", hätte Legolas bei diesem Anblick gesagt. Die Bewohner des Kontinents jedoch hatten wichtigere Dinge zu tun als den Sonnenaufgang zu betrachten, denn es herrschte Krieg zwischen den Völkern. Aber war es wirklich Krieg was hier vor sich ging? Kein Bewohner dieser Welt war jemals wirklich gestorben. Eingespannt in einen unendlichen Kreislauf von Siegen und Besiegtwerden gab es scheinbar keinen endgültigen Tod. Zwar nannten sie es "sterben" wenn sie auf dem Schlachtfeld liegenblieben - in Wirklichkeit jedoch vollzog sich nach dem "Tod" lediglich eine Art Teleportation zu einem anderen Ort dieser Welt, von dem aus das Leben weiterging: ein endloser Reigen von Untergehen und Auferstehen. Diesem Kreislauf musste sich jeder anschließen, sobald er diese Welt einmal betreten hatte. Sie wollten es so haben. Sie hatten sich dieses Schicksal selbst gewählt. Deshalb waren sie hier. Sie wollten kämpfen und siegen, und je öfter sie dies tun konnten umso besser. Dies war ihr Lebensinhalt, der Zweck ihres Daseins: zu triumphieren. Möglichst stark zu werden. Möglichst oft das Gefühl des Siegens auszukosten. Dafür arbeiteten sie viele Stunden, dafür trainierten sie ihre Fertigkeiten, verfeinerten die Abfolge ihrer Hiebe und Zaubersprüche, um die äußerste Effizienz zu erreichen, rüsteten sich mit den besten verfügbaren Waffen und Amuletten aus - nur um am Schluss, wenn es zum Showdown kam, wenn es galt im Kampf zu bestehen, nur um dann besser zu sein als der andere, um stehenzubleiben wo der andere fiel, um Sieger zu sein wo der andere verlor. Das war das eigentliche Ziel auf das sie hinarbeiteten. Und wer sich diesem Ziel erkennbar nicht unterordnete, wurde als "Lappen" bezeichnet, als "Noob", als "Nichtskönner", wurde mit abfälligen Bemerkungen bedacht; umgekehrt konnte es das eigene Ego nicht hinnehmen, wenn es wiederholt mit einer Niederlage konfrontiert wurde - die Gegner waren dann wahlweise "Cheater" oder "Buguser". Oder die ganze Welt als solche wurde verantwortlich gemacht für das wiederholte eigene Scheitern: die Schöpfer dieser Welt waren Schuld, weil diese Welt offensichtlich nicht so funktionierte, wie sie es ihrer Meinung nach eigentlich tun sollte. Viele der Bewohner, die diesen Kreislauf nicht mehr aushalten konnten, verließen die Welt, um nie mehr zurückzukehren, denn sie sahen keine Hoffnung mehr. Aber waren sie wirklich alle so, die Dagebliebenen? Achtete jeder hier nur auf seinen eigenen Vorteil, sah egoistisch nur auf sein eigenes Fortkommen? - Nein. Es gab auch Zusammenhalt, Kameradschaft, Freundschaft. Es gab auch das Zurückstellen der eigenen Interessen zugunsten eines höheren Zieles. Man konnte in dieser Welt tatsächlich lernen, worauf es wirklich ankam: Gegenseitige Achtung. Respekt voreinander. Respekt vor dem Gegner. Freundschaft. Zuneigung. Liebe. Diese Grundwerte waren überall vorhanden, wo Menschen zusammenkamen, oft waren sie nur verschüttet. Aber sie würden immer wieder hervorbrechen, wie hoffnungslos es auch erscheinen mochte, die Menschen konnten schließlich nicht auf Dauer gegen ihre wahre Natur handeln. In Wahrheit waren diese Werte niemals weggewesen. So stieg denn die Sonne auf in den weiten blauen Himmel über Regnum, ein neuer Tag war angebrochen, das Leben nahm seinen Fortgang. Schlösser wurden erobert und gingen verloren, Drachen beschworen, Juwelen geraubt, Kämpfe gewonnen, Tode gestorben. Und manchmal regnete es auch.
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Er saß in Gedanken versunken auf der Zinne des Trelleborg Forts. Die kühle Herbstluft tat ihm wohl, er genoss den würzigen Duft der Tannen. So war er nun also hier gelandet, in der Kriegszone, auf diesem Außenposten des alsischen Reiches. Wo er früher als Syrte angegriffen hatte, galt es nun das Fort gegen syrtische Eindringlinge zu verteidigen; war er früher Verteidiger des Algaros Forts gegen alsische Eindringlinge gewesen, griff er genau dieses Fort nun selbst als Alse an. Ein harter Schlag traf ihn plötzlich so stark auf die Schulter, dass er fast über die Zinne hinabgefallen wäre, dazu erklang ein bärbeißiges Lachen: "Hahaha Sharp! Wenn ich dich nicht schon oft im Kampf gegen die Grünen gesehen hätte, würde ich fast glauben, dass du einer von ihnen bist! Da! Trink! Bevor du noch ganz einschläfst - da draußen braut sich nämlich was zusammen." Der Zwerg streckte ihm einen Schlauch mit Wasser hin. Er nahm einen kräftigen Schluck: "Danke Grom. Nichts für ungut." "Schon recht. Aber halt deine Augen offen, ich spür's in allen Knochen, die Grünen wollen's heute mal wieder wissen. Doch die Suppe werden wir ihnen tüchtig versalzen, was Sharp?" "Logisch! Nicht mit uns!" Grom, Ritter und narbenbedeckter Anführer, ging wieder nach unten, um die Reihen der Verteidiger auf den bevorstehenden Kampf einzustimmen. "Wenn man solche Kameraden zur Seite hat, kann eigentlich nichts schiefgehen", dachte er, während er ihm nachblickte - und verfiel dann doch wieder in Nachdenken. Eigentlich hatte sich so viel gar nicht verändert, seit er von Syrtis ins Alsenreich gewechselt war. Gut, er war jetzt Schütze, kein Jäger mehr, was sich darin bemerkbar machte, dass seine Pfeile jetzt einen durchschlagenden Schaden verursachten, von dem er als Jäger früher nur hätte träumen könnnen. Und sie reichten weit. Prüfend wog er den schweren Langbogen in der Hand. "Andererseits kann man sich als Jäger freier bewegen", dachte er, "und man rennt nicht blind durch die Gegend sondern weiß, wo man hingehen muss". Während er so vor sich hingrübelte, spürte er an seinem Ohr ein leichtes Kribbeln, wie von einem Insekt, das er mit einer automatischen Handbewegung verscheuchte. Dann war es wieder da und wieder wedelte er mit der Hand durch die Luft. Doch das vermeintliche Insekt war hartnäckig. Immer wenn er in seine Gedankenwelt zurückzusinken drohte, störte ihn das Kribbeln am Ohr, so dass er schließlich wütend aufsprang und sich das Ohr rieb. Da hörte er hinter sich ein leises Kichern. Whiskey! "Das ist NICHT witzig!" sagte er unwirsch und drehte sich um, doch sein Zorn war sofort verraucht, als er die kleine Jägerin mit dem Grashalm in der Hand vor sich stehen sah. Sie schaute ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, als ob sie auf etwas warte. "Was ist?", fragte er. Sie antwortete nicht und lächelte nur, dann kam sie noch einen Schritt auf ihn zu, so dass sie jetzt ganz dicht vor ihm stand. "Das ist", sagte sie schließlich - und küsste ihn plötzlich auf den Mund. "Shane! --" Im ersten Moment war er völlig perplex, denn das hatte er ganz und gar nicht erwartet. Dann fühlte er, wie ihm das Blut in den Kopf stieg und ihm heiß wurde, und er sah, wie ihr Lächeln in ein breites Grinsen überging, während sie seine roten Backen und roten Ohren betrachtete. "Sharp! Whiskey! Achtung da oben!" Da schlug auch schon ein Pfeil krachend im Mauerwerk neben ihnen ein. "Was ist denn los! Deckung nehmen! Ziel suchen! Schussfertig machen! - Herrgott! Ihr seid doch keine Anfänger mehr denen man alles vorsagen muss!" Der Angriff der Syrten hatte begonnen - und es waren nicht wenige, die das Fort erstürmen wollten. In fiebernder Hast nahmen sie die Kampfpostitionen ein, tausendmal geübte und automatisierte Handgriffe wurden ausgeführt. Der erste Pfeil schwirrte von der Sehne - und gleichzeitig der von Whiskey an seiner Seite. Zum Nachdenken blieb keine Zeit, jetzt war die Zeit des Handelns, jetzt galt es. Seite an Seite standen sie auf der Zinne des Trelleborg Forts und schickten Pfeil um Pfeil auf die Angreifer in die Tiefe nach unten. "Au! Mein Arm!" Ihr Bogen war auf die Erde gefallen. Sofort war er bei ihr. "Schlimm?" "Nur wenn ich lache!" antwortete sie. Mit der linken Hand rieb sie über den rechten Arm, ihr Umhang war zur Seite gerutscht - und er sah eine Brosche, die ihm seltsam bekannt vorkam. Ihre Augen blitzten, als sie den Bogen wieder aufnahm und das nächste Ziel anvisierte. Und da wusste er es plötzlich. Sie war es! Sie war der Grund warum er hierhergekommen war! Genau hier wollte er sein, neben ihr, nirgendwo anders. Ihretwegen war er hier! Und während die Schlacht um Trelleborg Fort ihren Fortgang nahm, während die Syrten tapfer Angriffswelle um Angriffswelle gegen das Tor des Forts anrollen ließen, und Grom, der in der Tiefe mit Donnerstimme die Verteidiger anführte, die Angreifer ein- ums andere Mal zurückwarf, fühlte er, dass er nun angekommen war, dass seine Suche ihr Ende gefunden hatte, hier, auf der Zinne, mit ihr und an ihrer Seite. ENDE